Walchwil im Wandel der Zeit

Seit der Christianisierung waren die Walchwiler nach Zug kirchengenössig. Der Säumerweg führte von Walchwil und Emmetten durch die Güter Löffler, Rägeten, Utigen, Unterthal und Blatten über Otterswil nach Oberwil und St. Michael in Zug. Dieser Weg diente den Walchwilern bis zur Stiftung der eigenen Caploneÿ-Pfrundt und Gewährung eines eigenen Priesters am 21. April 1497 als gebotener Kirchweg.

Nach der Legende zog der hl. Martin um das Jahr 350 auf seiner Rückreise von Rom nach Frankreich über die Alpen und verkündete in unserer Gegend das Evangelium.
Erst nachdem die heidnischen Alemannen durch den christlichen Frankenkönig Dagobert um 750 besiegt wurden, gelangte dem Christentum bei uns der endgültige Durchbruch.

1282/83 wurde in Walchwil zu Ehren des hl. Johannes des Täufers die erste Kirche gebaut. Unter Dr. teol. Franz Suter von Hünenberg errichtete man in der Zeit von 1663 bis 1666 an der gleichen Stelle eine neue grössere Kirche. Die heutige Pfarrkirche wurde am 14. Oktober 1838 von Bischof Josef Anton Salzmann feierlich eingeweiht. Die Gesamtkosten für den Neubau beliefen sich auf 48'752 Franken und 42 Rappen.

1231 starb Hartmann von Kyburg im Alter von 35 Jahren, und hinterliess sein Erbe der unmündigen Tochter Anna. Durch die Heirat von Anna mit Eberhard im Frühling 1273 kam Walchwil an die Habsburger. In ihrem Lehensverzeichnis vom 10. Juli 1283 an die Ritter von Hünenberg wird Walchwil erstmals schriftlich erwähnt.

Gemäss Urkunde ging Walchwil am 22. März 1379 an Zug über. Den Walchwilern wurde ein Obervogt vorgesetzt der im Frühling und im Herbst Gericht hielt. Bei seinem Amtsantritt hatten sie ihm beim Vogtschwöret Gehorsam zu geloben. Ein freier Walchwiler Bürger stand ihm als Untervogt zur Seite. Beide wurden in offener Gemeinde vor dem Rathaus in Zug gewählt.
Die zweite wichtige Urkunde wurde am 21. April 1398 mit dem Amman, dem Rat und der Stadt getroffen. Nach altgermanischer Sitte schlossen die Walchwiler eine Harnischpflicht gegenüber "der Gmeind ze Zuge, zu dien wir gehóren und unser Vógte sind". In der Folge waren die Walchwiler verpflichtet, für die Stadt Zug bei allen Kriegshandlungen innerhalb der Eidgenossenschaft mitzukämpfen. Etliche bezahlten bereits während der nächsten Jahrzehnte, in den ennetbirgischen Zügen in das Livinental und in die Lombardei, mit dem Leben.

Mit der Spaltung der Kirche wurde die Eidgenossenschaft auf eine harte Zerreissprobe gestellt. Im Frühling 1524 bekannten sich Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug zur alten Religion. Die Katholiken fügten in den beiden Kappelerkriegen von 1524 und 1531 und in der Schlacht am Gubel 1531 den Anhängern des neuen Glaubens grosse Verluste zu, bis im Frieden von Deinikon am 16. November 1531 der Reformationskrieg beendet wurde. Unter den gefallenen Katholiken befanden sich mehrere Walchwiler.

Ein schweres Schicksal traf Walchwil während der Pestzeit. Am 28. September 1628 orientierte Obervogt Heinrich Zurlauben die Walchwiler über den ersten Pesttoten in Basel. Zwischen dem 1. November 1628 und dem 17. Februar 1630 erlagen etwa ein Fünftel der Walchwiler Bevölkerung dem Beulentod.

 
 
Am Saumweg nach Zug

Seit Beginn der 1790er Jahre geriet die Ordnung in der alten Eidgenossenschaft unter dem Druck der französischen Revolution immer mehr ins Wanken, und der Drang nach Freiheit wurde in allen Untertanenländern der Eidgenossen immer deutlicher. Zug wurde gezwungen, seine Untertanenverhältnisse mit Cham, Steinhausen, Hünenberg und Walchwil aufzulösen. Walchwil erhielt mit ihnen, nach 419 Jahren als älteste Vogtei am 17. Februar 1798, die Autonomie.

Die Walchwiler wehrten sich aber weiterhin vehement gegen jede fremde Einmischung. Am 26. April drangen sie bewaffnet in die Stadt ein und verlangten vom kleinmütigen Rat erfolglos den Kampf gegen die heranrückenden Franzosen. Auf sich alleine gestellt, beschlossen Sie, die französische Abteilung des General Jordi zu stoppen. Es kam am 3. Mai zu einem eineinhalbstündigen Gefecht am Rufibach. Die Franzosen wurden vorerst zurückgeworfen und errichteten auf dem Kirchmattgutsch ihr Hauptlager. Walchwil beklagte sieben Tote, sechs aus dem Geschlecht der Hürlimann, die man in Arth bestattete. Ihr Anführer, Trüsselmajor Franz Dominik Hürlimann ab der Sagen wurde von Jordi zusammen mit Anton Hürlimann vom Staffel nach Zug in thurm gethan, jedoch nach 14 Tagen begnadigt.

 

 

 

Das Dorf Walchwil um 1800
 

 

 

 

 

 

 

Die Die Besatzung durch französische Truppen während der Helvetik kostete Walchwil die hohe Summe von 25'968 Franken. Die Schadenschatzung der Plünderungen und Verwüstungen ergaben den Betrag von 27'763 Franken und 40 Rappen.

Am Nachmittag des 2. September 1806 hörte man in Walchwil ein gewaltiges Grollen wie bei einem Erdbeben. Bald verbreitete sich über dem ganzen Zugersee eine beissende gelbrote Staubwolke aus. Lang anhaltender starker Regen hatte am Rossberg den furchtbaren Bergsturz ausgelöst. 457 Menschen fanden unter 15 Millionen Kubikmeter Schlamm und Geröll den Tod. Eine Handvoll Walchwiler eilte noch vor Einbruch der Dunkelheit nach Goldau, und brachte den Ueberlebenden erste Hilfe.

Im Sonderbundskrieg von 1847 kämpften 25 Walchwiler Jäger, Schützen und Füsiliere auf der Seite der Konservativen. Am 23. November mussten sie sich jedoch noch vor dem Ende der entscheidenden Gefechte am Rooterberg auf Anweisung der Zuger Regierung zurückziehen.

An der Gemeindeversammlung vom 16. Januar 1848 verwarfen die Walchwiler den kantonalen Verfassungsentwurf mit 89 zu 48 Stimmen. Das Zuger Stimmvolk indessen entschied sich klar für eine neue Kantonsverfassung.

Nach dem gründlichen Ausbau der Seestrasse von Zug nach Arth gewann die Gotthardstrasse für Walchwil immer mehr an Bedeutung. Bald setzte auch der Fremdenverkehr ein. So wurde 1876 die Wirtschaft zum Schlüssel errichtet, "vornehmlich für auswärtige Gäste". Mit der Gründung von Vereinen begann auch das kulturelle Leben zusehends aufzublühen.

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten die Korporations- und die Bürgergemeinde das Gemeinwesen in Walchwil. Die in der Bundesverfassung von 1872 gewährte freie und an keine konfessionellen Schranken gebundene Niederlassung hatte eine neue Durchmischung der Bevölkerung zur Folge. Diese Ansiedlungen führten zu weiteren Ausscheidungen. So entstanden die Einwohner- und die Kirchgemeinde als neue Organe, an die die Bürgergemeinde all jene Kompetenzen abzutreten hatte, die sich nicht auf Armen- und Waisensachen bezogen.
Eine neue Epoche kündigte sich mit der Eröffnung der Bahnlinie von Zug nach Goldau am 27. Mai 1897. Mit einem Mal war Walchwil mit seinem kleinen, schlichten Bahnhof an das internationale Eisenbahnnetz angeschlossen, das nun durchgehend von der Nordsee bis ans Mittelmeer führte.

Durch den industriellen Fortschritt in der Schweiz geriet die Landbevölkerung immer stärker ins Abseits. Aus der beklemmenden Enge der Grossfamilie, suchten viele Walchwiler eine neue Heimat in Uebersee, wo noch genügend fruchtbares Land vorhanden war, um einen eigenen Stand zu gründen. Gleichzeitig verlagerte sich die hauptsächliche Produktion vom Weinbau auf die Milchwirtschaft. Die Milch wurde anfänglich in die 1866 gegründete Milchsüdi nach Cham gefahren, was zwar ein kleines, aber geregeltes Einkommen garantierte.
Beim überraschenden Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 war die Schweiz wirtschaftlich schlecht vorbereitet. Unter der Rationalisierung und der rasanten Teuerung litten auch die Walchwiler. Der Milchpreis sank auf 14 Rappen pro Liter. Zur Grenzbesetzung wurden auch etwa 130 Dienstpflichtige aus Walchwil aufgeboten.
Nach einer kurzen Erholung in den 20er Jahren, setze ab 1929 eine weltweite Wirtschaftskrise ein, die 1939 zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges führte. Auch diesmal wurde die Schweiz nur unbedeutend in die Kriegshandlungen mit einbezogen. Viele Walchwiler Wehrpflichtige dienten im Zuger Bataillon 48 schweren Herzens ihren Aktivdienst, währenddem zu Hause die Arbeit durch die Frauen und Kinder verrichtet werden musste.

Angetrieben durch den gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung und der fortschreitenden Technik nach 1945, wuchs die Gemeinde zusehends vom verträumten Bauern- und Fischerdorf am Zugersee zur modernen Wohngemeinde, deren Bevölkerung sich den Verdienst zum grossen Teil ausserhalb des Dorfes suchen muss. Dabei spielt der Wirtschaftstandort Zug die wichtigste Rolle. Viele Leute aus der Stadt ziehen heute auf das Land und bewirken, dass die Bevölkerung längst nicht mehr nur aus den angestammten Geschlechtern besteht. Allein zwischen 1963 und 1992 baute Walchwil vier neue Schulhäuser und eine reformierte Kirche. Die Bevölkerung verdoppelte sich während dieser Zeit auf 2'800 Einwohner. Heute leben bereits 3'100 Einwohner in Walchwil. Mit geeigneten ortsplanerischen Mitteln strebt die Gemeinde ein kontinuierliches, aber massvolles und qualitatives Wachsen an.


 

 

 

Walchwil heute aus der Vogelperspektive
 




















Man mag unter Wohnlichkeit Verschiedenes verstehen. Für die meisten Menschen besteht sie zweifellos darin, sich nach dem Alltag irgendwo zurückziehen zu können, an den Ort, wo Natur und Landschaft Ruhe und Erholung versprechen. Hier liegt das Privileg der Gemeinde Walchwil. Südlage, saubere Luft, Wald, See und Sonne. Das sind die Vorstellungen, die sich unbewusst mit dem Wort Walchwil verbinden. Zwar gibt es auch Handwerk und Gewerbe, aber eher in bescheidenem Rahmen und vor allem immissionsarm, so dass die Qualität der Wohngemeinde keinen Schaden nimmt.