Die Siedlungsgeschichte

Aelteste schriftliche Erwähnungen über Walchwil stammen erst aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert. Doch bestanden schon viele Jahrhunderte früher einzelne Siedlungen und Höfe im Dorf und vor allem am Berghang.
Die früheste Besiedlung des Zugerlandes fällt etwa in die Zeit um sieben Tausend Jahre vor Christus. Spuren des Magdalénien-Menschen sind auf der Baarerburg nachgewiesen. Wenn auch nicht sesshaft, so belegen doch die Funde eines Steinbeils am Seeufer und einer bronzenen Pfeilspitze im Eigenried, dass schon jungsteinzeitliche Jäger und Sammler in unserem Gebiet durch die Wälder streiften.
Um 500 v.Chr. besiedelten die Helvetier, Angehörige des grossen Stammes der Kelten oder Gallier das schweizerische Mittelland. Der griechische Philosoph und Forscher Poseidonos bereiste Gallien zwischen 100 und 80 v.Chr. und erwarb sich vorzügliche Kenntnisse aller helvetischen Dinge. Er beschreibt sie als hochgewachsene blonde Recken, die struppige Mähne mit Seife dick verstrichen und in langen Strähnen von der Stirn nach hinten gekämmt, den Mund verdeckt vom hängenden Schnauz, der sich beim Essen verwickelt und beim Trinken wie ein Sieb wirkt.
Die erdrückende Gewalt der Römer führte dazu, dass die Helvetier 58 v.Chr. ihre zwölf Städte und 400 Dörfer verbrannten und nach Westen zogen um in Südgallien, dem heutigen Südfrankreich eine neue Heimat zu suchen. In der Schlacht von Bibrakte wurden sie vernichtend geschlagen und in ihr angestammtes Land zurückgedrängt oder versklavt.
Ein letzter grosser Aufstand im Jahre 69 wurde von Drusus am Bötzberg blutig niedergeschlagen.
Das Erdikt von Kaiser Caracalla machte im Jahre 212 alle Untertanen Roms zu gleichwertigen römischen Bürgern. Zu dieser Zeit bildete sich aus dem westgermanischen Volk der Sueben, die zwischen Oder und Weser ansässig waren, der Stammesverbund der Alemannen. Im Jahre 213 verzeichnen römische Schriften erstmals den Uebergriff der Alemannen auf die Einrichtungen in Helvetien. Dadurch wurde die ohnehin wenig dichte kelto-romanische Bevölkerung mehr und mehr zurückgedrängt und mit ihr auch das aufkommende Christentum.
Die einsetzende alemannische Besiedlung erfolgte gewaltlos mit einem konföderativen Verhältnis zu den Helvetiern und geschah mit der Niederlassung von vereinzelten geschlossenen Sippen.
Erste Siedlungen wurden in Walchwil von den Alemannen zu Beginn des 6. Jahrhunderts gegründet. Die Besiedlung des Dorfes und die Gliederung in Walchwil und Emmetten reichen in diese Zeit zurück.
Der dichte Wald und die saftigen Matten, durchflossen von einer Vielzahl kleiner Bergbäche, dürften den Alemannen für eine Besiedlung willkommen gewesen sein. Auf der fruchtbaren südlichen Hanglage über dem See gründeten sie Ihr Dorf.
Es war reichlich ausgemessen und gehörig ausgemarcht. Im Dorf erhielt jede Haushaltung ihre area, den Bauplatz für das bescheidene Wohn- und Wirtschaftsgebäude. Das niedrige Haus mit dem grossen Strohdach, durch das der Kamin den Rauch aus dem Herd wegführte. Der grosse Raum war Wohnraum, Schlafraum und Küche zugleich. An das Gebäude angeschlossen war der Garten, eingezäunt gegen den Besitz des Nachbarn. In der Feldflur ausserhalb des Dorfes hatte jeder Haushalt sein Land, ein Mass von 30 bis 40 Jucharten. Dieses Loos bestand aus einzelnen Aeckern, die nach einem gemeinsamen Wirtschaftsplan nach der Dreifelderwirtschaft bebaut und genutzt wurden.
Deutlicher als andernorts zeichnen die Orts- und Flurnamen in Walchwil die Siedlungsgeschichte nach. Die alemannischen Siedler vermischten sich allmählich mit der bereits ansässigen rätischen Bevölkerung. Das Dorf am See nannten sie walah-wílare, kleines Dorf, Gehöft des Welschen, des Anderen, des Kelto- oder Rätoromanen.

Auf dem noch herrenlosen Land ausserhalb des Dorfes siedelten die Neuankömmlinge. Der Siedlung der Alteingesessenen gaben sie den Namen "Walchwil", während sie ihr eigenes Dorf weiter oben am Hang "Emmetten" nannten. Einmùte, das heutige Oberdorf, ist durch seine Lage und durch die urkundliche Ueberlieferung deutlich als eigene Siedlung charakterisiert. Agin-muot, Siedlung des (Alemannen) Einmuot. Ihre kleinen Einzelhöfe benannten sie nach dem Familienoberhaupt, Dienstherrn oder Hofgründer mit der Endung -ige, -igen und -ingen. In den ältesten Gülten der Gemeinde treten diese genauen Ortsbezeichnungen namentlich auf: Gosselingen, Utigen, Gülisingen, Reggingen und Berlingen. Es entwickelten sich aber auch Hof- und Flurnamen die sich auf die Bodenbeschaffenheit (Rietech), die Geländeform (Giebel), oder einen Reliktnamen (Laui) beziehen.

Ausserhalb der Siedlungen und Gehöfte erstreckte sich die Allmend, Wald und Weide, die der gemeinsamen Nutzung diente. Jeder Genosse der Dorfschaft hatte das uneingeschränkte Weiderecht und durfte nach Belieben Bau- und Brennholz holen oder jagen. Während rund 800 Jahren war Walchwil, ausgenommen von einzelnen Höfen in der hügeligen Moränenlandschaft auf dem Berg, vorwiegend vom See bis an den unteren Rand der steileren Bergflanke besiedelt. Die Bewohner mussten aus der Landwirtschaft, der Viehzucht, dem Wein-, Obst-, und Gartenbau sowie aus der Fischerei in harter Arbeit die notwendigen Einkünfte herauswirtschaften. Dabei verschmolzen die beiden Dörfer Walchwýle und Einmúóte allmählich in eine gemeinsame Dorfgenossenschaft, obwohl beide Namen noch bis Ende des Mittelalters getrennt gebraucht wurden. Durch reuten oder rüten, das Roden des Waldes, wurde neues Land urbar gemacht. Diese Rüti-Höfe gehen ins frühe 14. Jahrhundert zurück: Nebets- (Eberhards)rüti, Bosserüti, Ochsenrüti. Abgegangen ist Berlingen Rüti, in der Beretshalten.
Die Zunahme der Bevölkerung veranlasste die Walchwiler zu Beginn des 15. Jahrhunderts das Land durch Schwenten der Waldungen gegen den Berg hinauf auszudehnen. Bei diesem Verfahren schälte man den Bäumen und Sträuchern im Frühling die Rinde rund um den Stamm. Das abgestorbene Holz wurde im kommenden Winter gefällt, die Wurzelstöcke verblieben im allgemeinen im Boden bis sie verfaulten. Auf diesem Land entstanden erst neue Weidegebiete und später die neuen Höfe: Schwand, Schwändi, Schwändeli, Erletschwand, Dietschwand, Mittel-, Unter-, Ober-, Wisset- und Hessetschwändi. Kleinenschwändi und Grossenschwändi sind abgegangene Hofnamen im Gebiet von Katzenberg und Schafboden. Die Schwändi-Höfe befinden sich alle oberhalb der Rüti-Höfe am oberen Berghang.
Personennamen spielten in Walchwil seit jeher eine wichtige Rolle bei Ortsnamen. Der Hof namens Balis geht auf den Vornamen Paul Müller zurück, der um 1700 auf diesem Hof lebte. Seit dem späten 18. Jahrhundert ist den Name Lienisberg überliefert, der an Lienhart Roth erinnert. Mit dem alten HofnahmenTamburen, heute Weid genannt, ist Jakob Rust verbürgt, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrunderts Taburmajor war.