Die Kirchen von Walchwil

Die Kirche ist in erster Linie und vor allem anderen, ein Haus des Gebets und ein Ort, an dem wir Christen unseren Gottesdienst abhalten und von unserem Glauben Zeugnis ablegen.

Bei der 1959 durchgeführten Innenrenovation der Pfarrkirche wurden teilweise Fundamente einer kleinen Kirche freigelegt. Es darf mit allem Grund angenommen werden, dass die aufgefundenen Mauerreste vom Vorhandensein einer frühen, einfachen Kapelle zeugen, die zu Ehren eines in der Gegend besonders beliebten Heiligen gestiftet war. Als Hans Felder im Dorfkern die erste nach ihren Ausmassen als Kirche zu bezeichnende Kultstätte schuf, wurde die da bestehende, wahrscheinlich ärmliche und hinfällige Kapelle abgetragen, um die noch brauchbaren Materialien für das neue Bauwerk zu verwenden, wie sich dies auch später wiederholte. Gerade die Andeutung einer weit ins Mittelalter zurückreichenden Verbindung der Walchwiler mit dem Sakralen bestätigt, ohne dass detaillierte historische Unterlagen dafür gegeben sind, die ausserordentliche Bedeutung, welche die schlichten Dorfleute den kirchlichen und kulturellen Zentren zumassen.


Die erste Kirche - gotische Schlichtheit

Es steht fest, dass die erste eigentliche Kirche von Walchwil in den Jahren 1482/83 errichtet wurde. Ein päpstlicher Ablassbrief vom 19. August 1483 erwähnt sie bereits im Kreis zahlreicher anderer Gotteshäuser des damaligen Bistums Konstanz. Dessen Bischof Otto folgte am 5. Juli 1484 mit weitern Privilegien nach. Als Schöpfer dieser St. Johannes dem Täufer geweihten Kirche ist der letzte grosse gotische Baumeister des süddeutschen Raums, Hans Felder, ausgewiesen. Fast zur gleichen Zeit erbaute er auch die Kirche von St Wolfgang in Hünenberg und die damit bis ins kleinste übereinstimmende Kirche von Mettmenstetten, was natürlich mit der Tatsache zusammenhängt, dass er ab 1478 in Zug weilte und bei der Planung und beim Bau der St. Oswalds Kirche die massgebende Rolle spielte. Wir dürfen annehmen, dass auch seine Kirche zu St. Johannes von Walchwil ein Ebenbild von St. Wolfgang war.

Walchwil war seit 1379 eine Vogtei der Stadt Zug. Es verfügte über keine eigene lokale Organisation, weder weltlicher noch kirchlicher Art. Die Pfarrei St. Michael in Zug, die für die Taufe, die Christenlehre, den Sonntagsgottesdienst, die Begräbnisse, etc. der Walchwiler zuständig war, hatte kein Interesse, einen Teil ihrer Kirchgenossen zu verlieren. Umso mehr mussten die Walchwiler danach trachten, den von der Wiege bis zur Bahre ermüdenden und aufwändigen Kirchweg nach Zug überflüssig zu machen. Die neue Kirche von Hans Felder stellte zwar eine stolze Leistung dar, aber ohne einen festen Seelsorger konnte das angestrebte Endziel nicht erreicht werden. Die gnädigen Herren und Obern von Zug gewährten am 21. April 1497 eine Kaplaneipfrund, unter Vorbehalt einiger weniger zusätzlicher Verpflichtungen gegenüber der Mutterkirche St. Michael und des Genehmigungs-rechtes für die anzustellenden Geistlichen, ohne aber selber einen Beitrag zu leisten. Schon vier Tage darauf bestätigte auch der Bischof von Konstanz, Hugo von Hohenlandenberg, die Errichtung der Kaplanei Walchwil.


Die zweite Kirche - barocker Glanz

Seit 1483 nahm die Bevölkerung von Walchwil ständig zu, auch wenn dazwischen periodische Pestepidemien einen hohen Blutzoll forderten. Die Kirche Hans Felders war ein in sich geschlossenes Bauwerk, das sich nicht einfach erweitern liess, abgesehen vom Käsbissenturm, der 1596 erhöht werden konnte, um drei Glocken Platz zu bieten. Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts zeigte sich aber immer mehr, dass für die Bedürfnisse der Seelsorge ein wesentlich grösseres Gotteshaus notwendig wurde. Für die damit ausgelöste, schwierige Planungs-, Bau- und Finanzierungsaufgabe schenkte die Vorsehung der nun schon fast allgemein als Pfarrei bezeichneten Gemeinschaft eine überragende Führerpersönlichkeit. Es war dies Dr. theol. Johann Franz Suter (1630-1706). Er stammte aus Hünenberg und studierte in Luzern, Mailand und Bologna. Nach der Priesterweihe wirkte er ab 1651 als Kaplan im Städtli Cham. 1654 übernahm er die Pfründe von Walchwil, die er bis 1691 betreute. Nach seinem Rücktritt zog er sich als Beichtiger ins Frauenkloster Muotathal zurück, wo er 1706 starb.

Johann Franz Suter war ein umfassend gebildeter Theologe und ein volksnaher Seelsorger. Als solcher führte er in Walchwil die St. Josefs Bruderschaft ein, zur Vorbereitung auf einen gottseligen Tod blieb sie bis in die neuere Zeit geschätzt und wurde gepflegt. Seine grössten Verdienste um Walchwil erwarb er sich aber als weitsichtiger und begeisterter Bauherr. Dass er ein neues Pfarrhaus errichten liess und im Oberdorf der St. Antonius Kapelle die heutige Gestaltung gab. Sein grösstes Werk ist jedoch der Neubau der Pfarrkirche an Stelle ihrer gotischen Vorgängerin. Gemäss den vorhandenen Aufzeichnungen erfolgte der Beschluss darüber durch die Pfarrgenossen, die sich dabei gleichzeitig zu finanziellen Opfern und zu langen Frondiensten verpflichteten. 1663 wurde mit den Arbeiten begonnen. Am 11. Mai 1666 erfolgte die feierliche Einweihung.
Leider existieren keine Pläne dieses Gotteshauses. Auch Bilder, die Auskunft geben könnten über die Aussenansicht, wurden bisher nicht gefunden, abgesehen von alten Stichen, die im Rahmen des damaligen Dorfbildes von Walchwil den typischen Käsbissenturm und das gegliederte Vorzeichen erkennen lassen. Es steht aber ausser Zweifel, dass diese zweite Kirche vom Stil des Frühbarocks geprägt war, der in der Mitte des 17. Jahrhunderts in den katholischen Gebieten der Schweiz rasch an Boden gewann. Wenn man sich das Kircheninnere vorstellen will, muss man Kultbauten der gleichen Zeit und ähnlicher Grössenordnung vor Augen haben, wie etwa Hergiswald ob Kriens und Mariazell bei Sursee. Der Frühbarock konzentrierte sich bei relativ einfacher Gestaltung der Kirchenschiffe in erster Linie auf die reiche Aufbaustruktur und Ausstattung der Altäre. Diese wurden mit zahlreichen Statuen geschmückt, welche in der Regel die dreigeschossig angeordneten Bilder einrahmten und zusammen mit dekorativen Plastikelementen einen prachtvollen Gesamteindruck erzeugten. Die Statuen der hl. Barbara, der hl. Katharina, des hl. Sebastian und des hl. Johannes Nepomuk auf den heutigen Seitenaltären stammen noch aus dieser Epoche.

Niemand kennt den Architekten, welcher die Kirche von 1666 entworfen und den Bau geleitet hat. Bezüglich der Altarbauer gibt es aber Anhaltspunkte, die in diesem Zusammenhang nur angedeutet werden können, aber sich vielleicht eines Tages durch neue Untersuchungen erhärten lassen.


Die dritte Kirche - klassizistische Würde

Die treibende Kraft zur Verwirklichung der Kirche war der damalige Pfarrer Beat Josef Hürlimann (1790-1864), der im väterlichen Heimwesen zu St. Adrian aufwuchs, um nachher in Einsiedeln, Freiburg i. Br. und Landshut die humanistischen und theologischen Studien zu absolvieren. Nach der Priesterweihe versah er zunächst eine Vikarstelle in Oberrüti, bis er am 21. November 1816 zum Pfarrer der Heimatgemeinde Walchwil gewählt wurde. Von Anfang an tendierte er auf den Bau einer neuen grösseren Kirche hin, ohne dabei zunächst auf viel Verständnis zu stossen. Aber er gab sein Ziel nicht auf und fand schliesslich am 10. November 1833 dafür die grundsätzliche Zustimmung der Gemeindeversammlung. Nach Variantenstudien (Erweiterung und Umbau der bestehenden Kirche oder Neubau) einer breit abgestützten Kommission, entschied sich die Gemeindeversammlung am 31. März 1834 für einen Neubau, um dann am 8. Februar 1835 den sofortigen Beginn der Arbeiten zu beschliessen. Pfarrer Beat Josef Hürlimann hatte zur Finanzierung bereits mehr als 12'000 Gulden zusammengebettelt. Eine strenge Fronordnung verpflichtete die Gemeindemitglieder zu umfassenden Leistungen, um die Kosten niedrig halten zu können. Nach allen diesen umsichtigen Vorbereitungen wurden am Weissen Sonntag 1836 die Arbeiten tatsächlich in Angriff genommen. Sie betrafen zunächst den Abbruch der bestehenden Kirche. Schon am ersten Adventsonntag 1836 konnte im Rohbau des Kirchenschiffs wieder der Gottesdienst gehalten werden. Am 18. Oktober 1838 weihte Bischof Josef Anton Salzmann von Basel das neue Gotteshaus im Rahmen eines begeisternden Volksfestes ein.
Der Kirchenbau wäre aber kaum so rasch vorangekommen und so gut gelungen ohne den leitenden Baumeister Johann Baptist Hürlimann, Bruder von Pfarrer Beat Josef Hürlimann (1784-1842). Als Gemeindepräsident (1828-1842) fühlte er sich selber direkt für das Projekt mitverantwortlich. Dabei liess er sich von einem idealistischen Ziele leiten: Er wollte die neue Kirche, wenn auch im zeitgemässen klassizistischen Stil, der von ihm bewunderten Pfarrkirche von Arth annähern. Die Stuckarbeiten sollten dementsprechend von einem traditionsverbundenen Fachmann ausgeführt werden. Dieser stand in der Person von Josef Moosbrugger, dem letzten Nachkommen der berühmten Vorarlberger Künstlerfamilie, glücklicherweise schon in der Planungsphase zu Verfügung. Die Gesamtkosten der neuen Kirche beliefen sich auf Fr. 48'752.42, wobei natürlich die Fronarbeiten eine starke, reduzierende Rolle spielten.
Die neue Kirche hatte noch die alte Orgel. Erst 1845 konnte die Gemeinde dem Orgelbauer Silvester Walpen in Luzern den Auftrag erteilen, die für den würdigen Gottesdienst wichtige Ergänzung vorzunehmen. Walpen lieferte sein Werk, das Fr. 4'000.- kostete, Ende 1850 ab. Der Komponist des Schweizerpsalms, P. Alberik Zwyssig, nahm, zusammen mit P. Lepold Nägeli aus Luzern, die Kollaudation vor. Beide beurteilten die Orgel als ein ausgezeichnetes, fehlerfreies Meisterwerk, wie sie es in der Synthese von Material, Bearbeitung der Details, sowie präziser Intonation und Stimmung, noch bei keiner andern neuen Orgel im gleichen Masse angetroffen hätten.




Die Pfarrkirche im Mittelpunkt des Dorfes

Die Pfarrkirche wurde bei der gründlichen Innenrenovation von 1994 mit Ausnahme der Altaraufbauten weitgehend wieder in ihr erstes Aussehen umgestaltet. Hauptmerkmal der Aussenrenovation von 1997 sind die roten Zifferblätter.