Bis weit ins 20. Jahrhundert hinein war völlig rätselhaft, wodurch das gewaltige Feuer am Himmel so dauerhaft unterhalten wird. Heute wird allgemein angenommen, dass unser Sonnensystem vor rund viereinhalb Milliarden Jahren entstanden ist. Ein Brennstoff wie Kohle wäre schon nach wenigen tausend Jahren verglüht. Eine Zeitlang war auch Gravitationsenergie im Gespräch, die ausgelöst werde durch die allmähliche Konzentration des Gestirns. Doch länger als 20 Millionen Jahre wäre auch von ihr nichts zu erwarten gewesen, selbst wenn die Sonne auf einen Punkt zusammengeschrumpft wäre. Ende der dreissiger Jahre lüftete die Forschung schliesslich das Geheimnis der schier unerschöpf-lichen Strahlung. Sie beschrieb komplizierte Kernreaktionen, die zu einem einfachen Ergebnis führen: Jeweils vier Atomkerne des Sonnen-Wasserstoffs verschmelzen zu einem Helium-Kern. Dieser ist 0,7 Prozent leichter, als es die vier Wasserstoffkerne zusammen vor der Verschmelzung waren. Was an Materie fehlt, hat sich in Energie gewandelt. Und die Ausbeute bei der Kernfusion ist enorm: Aus einem Gramm Materie werden 25 Millionen Kilowattstunden. Für die gleiche Energiemenge müsste man 3'000 Tonnen Steinkohle verfeuern. Der Fusionsprozess läuft ausschliesslich im dichtem Kern der Sonne ab, der zwar nur 1,6 Prozent ihres Gesamtvolumens, aber die halbe Masse enthält. Bei Temperaturen von mehr als 15 Millionen Grad und einem Druck, der den Druck an der Erdoberfläche 300milliardenmal übertrifft, werden in jeder Sekunde vier Millionen Tonnen Materie in Energie umgewandelt. Was so gewaltig klingt, ist jedoch tatsächlich eine Winzigkeit: In viereinhalb Milliarden Jahren haben sich auf diese Weise gerade etwa drei Zehntausendstel der Sonnenmasse als Energie verflüchtigt Ein
bisschen anders sieht die Rechnung für den an der Fusion beteiligten Solarbrennstoff
selbst aus. In jeder Sekunde verschmelzen 600 Millionen Tonnen Wasserstoff zu
Helium. Etwa 37 Prozent des im Sonnenkern ursprünglich vorhandenen Wasserstoffes
sind bereits verbrannt. Immerhin reicht der Rest noch für fünf Milliarden
Jahre. Grenzenlos verströmt sich die Sonne im Sonnenwind, jagt Materie milliardentonnenweise
ins All, wandelt sie Sekunde für Sekunde zu Millionen Tonnen in Energie um.
Immerhin wissen die Astrophysiker Menschen, die angesichts solcher Sonnenverluste
entsetzt mit dem baldigen Weltuntergang rechnen, leicht zu trösten: Diese
Einbusse muss uns nicht weiter stören. Denn in ihrer unvorstellbaren Riesenhaftigkeit
wird die Sonne selbst in Milliarden Jahren an Strahlkraft nicht nachlassen.
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