Einzelne Heerführer verschiedener germanischer Stämme aus dem weiten Gebiet zwischen unterer Elbe, Thüringer Becken und Böhmen sammelten Gefolgschaften um sich. Im Jahre 213 griffen sie erstmals den römischen Limes an, wurden aber zum Rückzug gezwungen. 40 Jahre später durchbrachen sie die Befestigungen und drangen über den Rhein in das von den Römern besetzte Helvetien ein. In zeitgenössischen Quellen wird dieses bunte germanische Völkergemisch erst im Jahre 289 als Alemannen (Alemanni), 297 ihr Gebiet Alemannia erwähnt. Der Name bedeutet soviel wie "Menschen/Männer insgesamt, allgemein". Eine andere Deutung sieht in den Alemannen "zusammengelaufene und gemischte" Leute. Der Name scheint auf eine aktuelle Gemeinschaftsbildung hinzuweisen, ohne ältere Traditionen aufzunehmen. Bis um 500 wurden Alemannen und Sueben stets unterschieden, vom 6. Jahrhundert an wurden beide als identisch betrachtet. Wie die Franken am Niederrhein, so standen die Alemannen am Oberrhein den Römern als neue Gegner gegenüber. Der Kontakt mit den Römern schwankte phasenweise zwischen Konfrontation und Kooperation. Zum Schutz vor zahlreichen germanischen Plünderungszügen links des Rheins errichteten die Römer auch im Hinterland des Ober- und Hochrheines Befestigungen. Seit dem ausgehenden 3. Jahrhundert standen viele Alemannen in römischen Diensten, als Soldaten, als Geiseln und als in geschlossenen Verbänden unter eigener Führung angesiedelte Wehrbauern. Die germanischen Bataver um Julius Civilis, dem Anführer einer römischen Auxiliarkohorte, ein romanisierter Germane, wurden als römische Kolonen (Siedler) rechtsrheinisch angesiedelt. Der Vertrag sah vor, dass die Bataver ein Heer von 10'000 Mann zu stellen hatten, " frei von Steuern, vorbehalten nur für den Kampf ...". Julius Civilis erreichte am Thing einen Aufstand. Darin waren die Germanen stark, denn man kämpfte und starb fürs jenseitige Leben gern. Der Vertrag brachte den Batavern Land, einen Vertrag und Rom sichere Verbündete. Marc Aurel liess Germanen, als Ersatz für die dezimierten römischen Colonen, ab 166 hinter dem Limes siedeln. Sie mussten gegen ihre Brüder kämpfen. Dem Germanen war es aber gleichgültig, für welchen Herren er sich schlug. Für seinen jeweiligen Herren schlug er sich loyal und bis zur letzten Konsequenz. Der Germane liebte den Kampftod. Auch die zahlreiche Jugend und wer immer als "Germane" sterben wollte zerfleischte sich. Für jeden Toten, so schreiben die Römer, gab es zehn neue Krieger. In fast rituellem Kampf schlachteten sich die Germanen ab. Diese Germanen mussten kämpfen und wollten im Kampf sterben. Es war ein heroisches gegenseitiges Abmetzeln. Voraussetzung dafür bildeten die germanischen Tugenden der Fortpflanzung zwecks Hervorbringen von Kriegern. Die überschüssige, weil landlose Bauernjugend stellte sich zum Kampf. Massgebende Treibkraft war die Mythologie, nach dem Tode ein schönes Leben in der Walhalla zu erhalten. Den Höhepunkt erreichten die Kämpfe der Alemannen, als diese zusammen mit den Franken den Rhein überquerten und Gallien plünderten. Trotz eines Friedensvertrags und eines siegreichen Feldzugs über Bellinzona und die Bündner Pässe gegen die Alemannen des Linzgaus gelang es erst Kaiser Julian in der Schlacht bei Strassburg im Jahre 357, die unter sieben Königen vereinten alemannischen Verbände entscheidend zu schlagen und die Rheinlinie wieder zu sichern. Kaiser Valentinian I. konsolidierte die Grenzverteidigung, liess rechts des Rheins neue Kastelle bauen und versah die Grenze am Hochrhein mit einer Kette von Wachttürmen (burgi). Kaiser Gratian erneuerte 378 die Verträge mit den Alemannen. Danach standen sie in einem zugewandten Verhältnis, das bis ins 5. Jahrhundert mehrmals erneuert wurde. Ein alemannischer Plünderungszug über die rätischen Pässe wurde 457 bei Bellinzona von Kaiser Majorian aufgehalten. In der Endphase des weströmischen Reiches entwickelten die Alemannen eine grosse Expansionskraft in alle Richtungen, die jedoch bald gebrochen wurde. Die Ausdehnung der alemannischen Macht über das Rhein-Main-Gebiet hinaus wurde zunächst 497 in der Schlacht bei Zülpich gebremst, dann brachte sie König Chlodwig I. in ein Treueverhältnis zu den Franken. Chlodwigs zweiter Sieg und sein Tod beendeten 506 abrupt die Phase der alemannischen Unabhängigkeit. Nun begab sich die alemannische Führungsschicht unter ostgotisches Protektorat. 536/37 wurde das gotische Alemannien vom ostgotischen König Witigis den Franken abgetreten. Wie bei vielen anderen Völkern gab es auch bei ihnen eine Gesellschaftsordnung. Frauen waren grundsätzlich Eigentum ihrer Väter oder Ehemänner. Ihre Stellung unterschied sich jedoch stark nach dem persönlichen Stand, dem sie angehörten. Die Adeligen hatten am meisten Rechte und Privilegien. Sie gingen zur Jagd, mussten keine Steuern bezahlen und besassen ausserdem Ländereien. Die allermeisten Alemannen waren Freie. Sie bewirtschafteten einen Hof und hielten sich wie die Adligen Hörige und Leibeigene, die sie oft unterdrückten. Auch die Freien durften auf die Jagd gehen, konnten den Wohnsitz wechseln, mussten aber bei Gefahr Kriegsdienst leisten und ihre Höfe mit den Hörigen verteidigen. Sie trugen das Haar lang und offen, hatten die Waffe stets auf sich und besuchten zur Beratung den Thing, wo auch Gericht gehalten wurde. Die Hörigen waren Halbfreie, die dem Herrn dienen mussten und den Hof nicht verlassen konnten. Am Ueberschuss der Ernte waren sie mitbeteiligt. Sparsame Hörige konnten sich auch loskaufen. Leibeigene waren ehr- und wehrlose Sklaven mit kurz geschorenem Haar. Meistens aus Kriegszügen heimgebracht, oder als überschuldete Landleute konnten sie verkauft oder vererbt werden. Sie besassen keine Rechte und hatten ohne Lohn zu arbeiten. Auseinandersetzungen
zwischen Familien oder Orten nannte man Fehde. Dabei ging es darum, den Gegner
möglichst schwer zu schädigen. War der anderen Partei genügend
Schaden zugefügt worden, konnte der Streit durch einen Friedensvertrag, die
Sühne, die von beiden Beteiligten angenommen werden musste, beigelegt werden.
Zur Bekräftigung des Vertrages schworen beide Parteien, dass sie künftig
auf Rache verzichten würden.
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